Wasserkrise in Brasilien!
Auch unsere Partnerregion am Rio Negro ist betroffen.
Brasilien verfügt über das größte Frischwasser-Reservoir weltweit. Zwei Drittel des Wassers aus dem Amazonas würden reichen, um die Weltbevölkerung zu versorgen. Und dennoch steckt das Land in einer Wasserkrise, die viele unterschiedliche Gesichter hat.
Auch in Amazonien ist die Klimakrise längst angekommen. Großflächige, illegale Rodungen, intensive Landnutzung und zum Teil gelegte Brände wirken sich in Kombination mit der globalen Erwärmung langfristig auf die Verfügbarkeit von Wasser aus. Die Luftfeuchtigkeit, welche die Regenwälder durch Transpiration erzeugen, versorgt normalerweise über atmosphärische Strömungen das Landesinnere mit den nötigen Niederschlägen, um dort die Ernten gedeihen zu lassen. Doch mit zunehmender Rodung bleiben diese Regenfälle immer häufiger aus und führen so zu langanhaltenden Trockenperioden und Dürren. 2021 war das trockenste Jahr im südlich-zentralen Gebiet Brasiliens seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen. Da die Landwirtschaft 70 % zum brasilianischen BIP beiträgt, wird deutlich, welch dramatische Folgen die aktuelle Wasserkrise für das ganze Land hat.
Kaffee wird immer teurer – Strom auch
Die ausbleibenden Niederschläge führen zu einem explosionsartigen Anstieg der Preise für landwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Soja oder Zuckerrohr. Da Wasserkraft die primäre Energiequelle ist, schnellen auch die Stromrechnungen in die Höhe. Die Wasserreserven trocknen zunehmend aus, wie beispielsweise im Paraná-Becken im Süden Brasiliens, und so müssen fossile und Bio-Brennstoffe für die Stromerzeugung herhalten. Die Mehrkosten trägt die Bevölkerung.
Während sich der Klimawandel im Landesinneren mit Dürreperioden bemerkbar macht, haben die nördlichen Regionen immer häufiger mit heftigen Niederschlägen und Hochwasser zu kämpfen. Erst im vergangenen Jahr wurde das Gebiet des Rio Negro von einem Hochwasser ungeahnten Ausmaßes heimgesucht – fast 450.000 Menschen waren damals von den Folgeschäden der Überschwemmungen betroffen. Auch im heurigen Jahr häufen sich Extremwetterereignisse während der eigentlichen Trockenzeit und führen zu Hochständen in den Flüssen. Dadurch verschiebt sich der Kalender der Menschen dieser Region und die klimatischen Bedingungen passen nicht mehr mit dem Auftreten gewisser Tierarten zusammen. So führen hohe Wasserstände dazu, dass im Rio Negro die Fischbestände zurückgehen. Dies wiederum sorgt für eine Nahrungsknappheit in der Bevölkerung, für die Fisch eines der Hauptnahrungsmittel ist.
Die Springflut - ein Naturschauspiel wird zur Gefahr
Die Wasserkrise wird auch an der Mündung des Amazonas in den Atlantik sichtbar. Durch die Vermischung von Salz- und Süßwasser trägt der Amazonas an dieser Stelle den Beinamen „maré lançante“ (dt. „Springflut“). Dieses Naturschauspiel wird für die 14.000 Bewohner:innen des Bailique-Archipels aber zunehmend zur Bedrohung. Denn seit einiger Zeit steigt das Meeresniveau so weit, dass das Salzwasser immer weiter ins Amazonasbecken eindringt und dort Trinkwasser, Ernten und letztlich die Gesundheit der Menschen gefährdet. Mit zunehmender Klimaerwärmung wird sich dieses Problem in Zukunft noch weiter verschärfen.
Aussagen der Bewohner:innen zufolge war das Salzwasser bereits im August eingedrungen und breitete sich von da an immer weiter aus. Im Oktober schließlich waren alle 58 Gemeinden betroffen – der Ausnahmezustand wurde ausgerufen. Um die Menschen mit Grundnahrungsmitteln und sauberem Wasser zu versorgen, mussten die Boote rund 180 km zurücklegen! Der Mangel an sauberem Trinkwasser führt zudem dazu, dass die Bewohner:innen das salzige Wasser auch zur Körperpflege und zum Trinken verwenden. Durch den hohen Gaspreis können es sich viele Menschen aber nicht leisten, das Salzwasser zu kochen. Die Folge sind Krankheiten wie Erbrechen, Durchfall oder Hautausschläge.
Versiegt eine der wichtigsten Einnahmequellen?
Als besonders betroffen gilt die Ernte der Açaí-Früchte. War dies zunächst nur in Küstennähe ein Problem, so sind seit einiger Zeit auch zunehmend Betriebe weiter im Landesinneren betroffen. Açaí gilt als eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Region und benötigt für sein Wachstum große Mengen an Süßwasser.
Erst im November bei der COP26 hat Brasilien versprochen, illegale Rodungen zu stoppen und seine Emissionen ausgehend vom 2005er-Niveau bis 2030 um 50 % zu senken. Wenngleich diese Versprechungen ein erster Schritt in die richtige Richtung sind, so werden sie nicht ausreichen, um die Wasserkrise in Brasilien langfristig in den Griff zu bekommen und dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Umso wichtiger ist es also, indigene Völker bei der Anerkennung ihrer Territorien zu unterstützen, damit sie weiterhin für den Schutz des Regenwaldes eintreten können.
Quellen: